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Sommertour 3. Tag • Gespräch Caritas Pflegestation - Mobile Pflege

Heute fahre ich mit dem ambulanten Pflegedienst der Caritas mit. Bei zwei Hausbesuchen konnte ich mir ein gutes Bild davon machen, was ambulante Pflege bedeutet und welche großartige Arbeit vor Ort geleistet wird.

»Fachkräfte geben viel von sich selbst«

Kreis Höxter(WB). Weniger Bürokratismus verschafft ambulanten Pflegekräften mehr Zeit für ihre Patienten. Daher gaben die Fachleute der Katholischen Hospitalvereinigung (KHWE) dem Bundestagsabgeordneten Christian Haase die Bitte mit nach Berlin, übertriebene Dokumentations-Vorschriften zu vereinfachen.

Bei seiner Sommertour durch den Wahlkreis machte der CDU-Parlamentarier ein Halbtages-Praktikum bei den Caritas-Pflegestationen der KHWE. Patientenbesuche inklusive: Haase war dabei, als Schwester Simone Schlüter zwei Kranke zu Hause versorgte. »Meine Wertschätzung für die Pflegeberufe hat sich erhöht«, bilanzierte der Abgeordnete, nachdem er konkrete Einblicke in den hektischen Alltag der Fachkräfte und ihre verantwortungsvollen Aufgaben gewonnen hatte.

Bei aller Zeitnot versuchen die Mitarbeiter, die ihnen anvertrauten Patienten nicht nur fachgerecht zu versorgen, sondern auch zuzuhören und ein aufmunterndes Wort für sie zu haben. »Jede Schwester und jeder Pfleger ist ein Meister, der selbst verantwortet, was er oder sie tut«, brach Alexander Gerling, Pflegedienstleiter Nord der Caritas-Pflegestationen, eine Lanze für die Leistungen der knapp 170 Mitarbeiter. »Sie geben sehr viel von sich selbst.«
Zum Anforderungsprofil der Pflegekräfte gehören Empathie, Feingefühl und profunde Kenntnisse. Denn manches Mal ist ihr kundiger Rat gefragt, wenn ein Patient zum Beispiel vor der Aufgabe steht, den Papierwust beim Antrag zur Einstufung in eine Pflegestufe zu bewältigen, oder wenn ihm die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst bevorsteht. »Anrufe bei Krankenkassen, die nicht mehr vor Ort sind, nehmen wir vielen Patienten ebenfalls ab«, berichtet Alexander Gerling. Die Schwestern und Pfleger tun also alles, um den Kranken trotz knapper Zeit über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus hilfreich zur Seite zu stehen. Weniger Dokumentationsaufwand würde ihnen dazu noch mehr Luft verschaffen. Das kann Christian Haase nach seinen Hausbesuchen nachvollziehen. »Die Menschen sehnen sich nach Zeit«, hat er den Eindruck.
Bei allen Verbesserungswünschen zieht KHWE-Geschäftsführer Reinhard Spieß ein insgesamt positives Fazit. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hätten sich zugunsten der Pflege verbessert. Mit der Kurzzeit- und Tagespflege seien hervorragende Möglichkeiten geschaffen worden. Hinzu komme ein professionelleres Entlassmanagement: Anders als früher sei es inzwischen möglich, dass der Krankenhausarzt den Patienten bei der Entlassung Medikamente verordnen kann. Und: Die ambulanten Pflegedienste haben Betreuungsleistungen dazu bekommen. Sie können also für einen Patienten nach dessen Rückkehr aus dem Krankenhaus das Nötigste einkaufen. »Früher standen die Menschen nach der Entlassung unversorgt da.« Bewährt habe sich auch die so genannte »familiale Pflege«: Fachkräfte der KHWE bieten Angehörigen Pflegetraining an.
Als dringende Aufgabe für die Zukunft brachte Reinhard Spieß vor dem Hintergrund des demographischen Wandels die Nachwuchsgewinnung in den Pflegeberufen auf den Punkt. Die KHWE biete durch neue integrierte und durchlässige Bildungsmodelle Berufsperspektiven für Jugendliche. Die Kombination aus Ausbildung und Pflegestudium gewinne an Attraktivität. »Wir haben beim Land den Antrag gestellt, die Zahl unserer Ausbildungsplätze in Brakel deutlich zu erhöhen«, berichtete der Geschäftsführer.
Eine ganz andere Bitte an die Politik hatte Gregor Politycki, Bereichsleiter Seniorenhäuser und Einrichtungsleiter des Seniorenhauses Beverungen, auf dem Herzen: »Formulieren Sie bitte nicht das Ziel ›ambulant statt stationär‹ sondern ›ambulant und stationär‹. Sonst bleibt die stationäre Pflege weiterhin das Stiefkind, wo niemand hin will. Es geht aber nur beides zusammen.«
Kritikwürdig sei, dass polnische Pflegekräfte am hiesigen Arbeitsrecht vorbei für 1600 Euro im Monat bei Pflegebedürftigen zu Hause 24-Stunden-Dienste absolvieren. »Ganz Deutschland schaut weg.« Das dürfe nicht sein.

Quelle: Westfalen-Blatt Sabine Robrecht